Micro Sabbatical
Warum wir nur noch 11 Monate arbeiten.
Von: Mareike Roth | Lesezeit: 3 Minuten
Ich weiß nicht mehr genau, womit es angefangen hat. Ob es 2020 mit der Corona Pandemie und den vielen gesellschaftlichen und politischen Krisen begann. Oder damit, dass wir nach 10 Jahren Unternehmertum spüren, dass ein Wandel stattfinden muss. Immer mehr drängt sich die Frage auf: Wie wollen wir in Zukunft arbeiten? Viele Möglichkeiten und Potenziale sehe ich darin, sich immer wieder derartige Fragen zu stellen. Welche das sein können, dazu komme ich am Ende dieses Textes.
Denke ich an die ersten Jahre zurück, dann konnte es nicht schnell genug gehen. Die erste eigene Website, die ersten Angebote schreiben, die ersten Kundentermine, die erste Buchveröffentlichung - die Liste ist endlos. Doch diese Dynamik kehrte sich irgendwann um. Vielmehr befinden wir uns nun auf der Überholspur aus Terminen, ToDo’s und zu vielen Themen. Auch hier ist die Liste endlos.
War man zu Beginn Initiator:in, treiben einen nun die Dinge mit viel Druck voran. So zumindest das Gefühl in unserer Leistungsgesellschaft.
Ein Unternehmen von null aufzubauen ist ein Marathon und kein Sprint.
Das wird mir mit 39 Jahren immer schmerzlicher bewusst. Dabei ist das Prinzip der Regeneration für Sportler:innen Usus. Nur wer sich Ruhetage und Erholung gönnt, gibt dem Körper die Zeit, sich den steigenden Anforderungen anzupassen. Auch das Gehirn braucht Pausen, das zeigen Neurowissenschaftler:innen bereits seit vielen Jahren. Es bildet in völliger Stille neue Zellen im Hippocampus, einer Region, die für Lernen und Gedächtnis wichtig ist. Hier gehts zur wissenschaftlichen Studie und zum entsprechenden Artikel beim Handelsblatt.
Von der Theorie zurück in die Praxis. Nun besteht hoch E nicht mehr nur aus zwei Co-Foundern, sondern aus einem Team kreativer Köpfe, die mit Herz und Hirn das Beste in jedem Projekt erreichen möchten. Der Anspruch an unseren Output ist hoch und die Arbeit intensiv. Gleichzeitig ist New Work für uns immer wichtiger geworden und wir befinden uns in einem stetigen Transformationsprozess. Daher fragen wir uns, ob das Jahr zwangsläufig aus 12 vollen Arbeitsmonaten (mit kurzen individuellen Urlauben) bestehen muss.
Wäre es nicht viel gesünder, einmal im Jahr wirklich auf Pause zu drücken? Welche Möglichkeiten würden sich dadurch eröffnen?
"If you get tired learn to rest, not to quit." — Banksy
Bereits 2017 zeigte eine Studie, dass die Mehrheit der Befragten - ganze 87% - gerne eine berufliche Auszeit nehmen möchten. Die Sehnsucht nach einer ausgewogeneren Work-Life-Balance ist also groß. Seit jeher sind bei uns geregelte Arbeitszeiten und freie Wochenenden teil unserer Corporate Culture. Dem kreativen Kopf eine längere Pause zu gönnen, halten wir daher für einen logischen Schritt.
Ein ganzes Sabbatjahr ist in einem kompakten Team wie unserem nicht möglich, dafür hängt zu viel Verantwortung an jeder einzelnen Position. Außerdem laufen die meisten Projekte im Produktdesign über mehrere Jahre. Da bekanntermaßen Vorbeugen besser als Heilen ist, sehen wir viel Potenzial in einem jährlichen Micro Sabbatical.
Was erhoffen wir uns von dieser kreativen Auszeit? Raum für eigene Interessen, für Reflexion, neue Eindrücke, Reisen oder auch Nichts tun. Als Designer:innen produzieren wir Entwürfe und Lösungen nicht nach Schema F. Unser Anspruch ist vielmehr, noch nicht Dagewesenes zu entwickeln und visionär in die Zukunft zu schauen. Sich daher den Raum zu nehmen, mit frischen Blick auf bestehende Projekte zu schauen, neu zu Diskutieren, darin sehe ich eine große Chance für alle.
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