Design & Nachhaltigkeit

3 Strategien für ökologisches Design

Nachhaltigkeit und Design
Photo by Clemens van Lay on Unsplash

Den Begriff Nachhaltigkeit kennt jeder, doch haben Sie schon mal was von Neo-Ökologie gehört? Nein? Betrachten wir 2020 die fünf Megatrends für Unternehmen, sticht dieser etwas sperrige Begriff ins Auge. Hinter dem Schlagwort steht kurz gefasst die enorme Vielschichtigkeit eines bereits begonnenen System-Umbruchs.
Ob Bio-Lebensmittel, Unternehmensstrategien, Energiewende oder gesellschaftliche Werte: Neo-Ökologie hat schon jetzt Einzug in sämtliche Bereiche unseres Lebens gehalten. Dabei fungiert dieser „Trend“ nicht nur als ökologischer, sondern auch zunehmend als ökonomischer Reformer und Treiber.

»Der Megatrend sorgt nicht nur für eine Neuausrichtung der Werte der globalen Gesellschaft, der Kultur und der Politik. Er verändert unternehmerisches Denken und Handeln in seinen elementaren Grundfesten.«

Zukunftsinstitut GmbH

Es lässt sich nicht leugnen, dass dieser Trend zeitgleich auch Indikator für gewichtige Herausforderungen ist. Politik, Wirtschaft und KonsumentInnen sind gefordert Verantwortung zu übernehmen. Schon heute ist ein stets wachsender Teil der KonsumentInnen kritisch und hinterfragen Kaufentscheidungen akribisch. Unternehmen sollten daher - eher gestern als morgen - die Tragweite ihrer gesellschaftlichen Verantwortung überdenken. Globalisierung, Umwelt-Organisationen und mehr Transparenz, drängen neben dem „Shareholder Value“ auch den „Public Value“ stärker in die unternehmerische Entscheiderzone.

Das eine nachhaltige Wende nichts mehr mit trockenem Ökoimage, alá Jute-Beutel und Hippie-Kommune, zu tun hat, wird schon mit Blick auf die sogenannten LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) klar. Eine Zielgruppe mit überdurchschnittlicher Intelligenz und Kaufkraft. Konsum wird bewusst mit nachhaltiger Ideologie, recherchiertem Wissen und ästhetischem Augenmerk forciert. Nachhaltigkeit als Lifestyle.

Studie Kaufverhalten und Konsumwünsche

Um derartige Zielgruppen anzusprechen, bedarf es deshalb - neben sozialen- wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien - auch verstärkten Designfokus. Die nachhaltige Unternehmens-Evolution muss also auf vielen Ebenen vollzogen werden. Doch wie lässt sich all das in den Produkt-Entwicklungs-Zyklus integrieren? Hierzu möchte ich unsere 3 Strategien ökologischer Gestaltung erläutern.

3 Strategien für ökologisches Design
Material- und Prozesskompetenz

Sprechen wir mit unseren AuftraggeberInnen über das Thema Nachhaltigkeit, kommen in erster Instanz Materialfragen auf den Tisch. Daran knüpfen sich die Faktoren Recyclingfähig- und Umweltverträglichkeit. Biologisch nachwachsend vs. biologisch abbaubar vs. erdölbasiert im Recyclingkreislauf.
Um schon frühzeitig eine Einschätzung zu bekommen, sollte die gesamten Wertschöpfungskette betrachtet werden. Darunter fallen dann Transportwege, Energieaufwand und Schadstoffausstoß bei Werkstofferzeugung, Produktion, Nutzung, Recycling und Beseitigung. Bereits die Wahl des Produktionsstandortes, kann zu einer entscheidenden Reduktion des CO2 Footprint führen. Das Start-up „up2u“ hat bei der Produktion des faltbaren Mehrwegbechers, von Anfang an auf Regionalität und Made in Germany gesetzt. Das spart Transportwege, bringt ökologisch verträglichere Produktionsbedingungen und faire Konditionen mit sich.


Die sogenannten MET Matrix hilft bei derartigen Überlegungen bereits in frühen Projektphasen die Klimabilanz besser abzuschätzen. Diese Methode versucht die komplette Zykluskette, samt Abhängigkeiten, von Materialien und ganzen Produkten zu umreißen. Und selbst wenn klassische Kunststoffe inzwischen in Verruf gekommen sind, können sie mittel Recycling - beispielsweise durch Verwendung von Rezyklaten - bessere CO2 Footprints erzielen, als vergleichbare Bio-Kunststoffe.
Generell gilt die Kreislaufwirtschaft (circular economy) von einzelnen Komponenten (idealerweise sogar alle Produktbestandteile) als Zukunftsrezeptur nachhaltigen Wirtschaftens. Die Voraussetzung dafür muss allerdings schon die Intelligenz des Design ebnen.

Kreislaufwirtschaft und Design

Intelligentes Design

Der EU Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft und das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz fordern deutlich weniger Müll und mehr Recycling. Die Grundlage um das zu ermöglichen, entscheidet schon der erste Skizzenstrich. Doch weil in der Praxis perfekte Recycling Kreisläufe kaum realisierbar sind, ist bereits ressourcenschonender Materialeinsatz in der Konzeptentwicklung umso wichtiger.
Wie ist der Aufbau des Produktes? Wie sieht eine sinnvolle Gliederung von Komponenten und Gehäuseteilen aus?
Was bedeutet das für Montage, Demontage, Servicefreundlichkeit und Recyclingfähigkeit?
Diese Gedanken beeinflussen neben dem bloßen Materialverbrauch, auch Logistik-, Werkzeug-, und Lagerhaltungskosten. Kann beispielsweise bei der Gestaltung von Produkten auf Gleichteile gesetzt werden, sparen Unternehmen Ressourcen und schonen obendrein noch den Geldbeutel und die Umwelt.
Modularität, geschickte Verwendung von Gleichteilen und durchdachte Designkonzepte können dabei in fast allen Bereichen punkten. So konnten wir mit der Firma „AL-KO“ diverse Gartengeräte gestalten, die sich an vielen Stellen modular zusammensetzen. Clevere Proportionierung und entsprechende Farbgestaltung erlauben „AL-KO“ den Einsatz von Gleichteilen sogar größenübergreifend und ohne ästhetische Einschnitte.


Anforderungen nachhaltige Produktgestaltung

Die Faktoren Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit und Servicefreundlichkeiten stellen einen weiteren Hebel zur Müllvermeidung dar. Schon die bloße Formsprache von Produkten kann das Produkt robuster und widerstandsfähiger vor Abnutzung machen. Reparatur und Refabrikation werden dadurch vereinfacht. Auch wenn in den letzten Jahrzehnten die Produktlanglebigkeit den Profitinteressen gewichen ist, muss zukünftig der Service- und Reparaturgedanke ausgebaut werden. Entsprechende Strukturen und Serviceangebote eröffnen jedoch neue Wirtschaftsfelder und Möglichkeiten der Kundenbindung.


Behavioral Design

Nachhaltiges Handeln ist nicht zu erreichen, ohne auf die psychologischen Faktoren beim Nutzer einzugehen. Die Botschaft des Designs ist dabei mindestens genauso relevant wie die dahinterstehende Authentizität, Story und Faktenlage. Die wahrnehmbare Gestaltung eines Produktes, hat enorme unterbewusste Wirkungskraft auf die NutzerIn. Vor allem im Bezug auf den Umgang. Direkter ausgedrückt, Design ist in der Lage das Verhalten des Menschen zu steuern und sogar Verhaltensänderungen zu bewirken.

Aktuell beschäftigen wir uns für einen Auftraggeber mit dem Themenfeld nachhaltiger Refill-Stations. Die Akzeptanz-Frage lautet: „Über welche psychologischen Trigger, kann ich das Autopilot-System der Kunden durchbrechen und sie zur Auseinandersetzung mit einer Refill-Station bewegen?“ Dabei ist der entscheidende Punkt, sich der emotionalen Wirkung gestalterischer Zeichen (Anzeichen Funktion, Symbolfunktion, Emotionale Anzeichen ...) bewusst zu sein, um sie gezielt als Werkzeug für nachhaltiges Umhandeln einzusetzen.

»Wenn du den emotionalen Mehrwert miteinbeziehst, behalten die Leute das Produkt länger und geben zudem mehr darauf acht.«

Prof. Hartmut Esslinger - Gründer frog design

Im Idealfall ermöglicht Design eine Bindung zwischen Produkt und VerwenderIn. Achtsames Handling, Pflege und Reparaturbereitschaft sind nur einige positive Resultate. Es ist mitunter ein Hauptziel, Produkte zu gestalten die - neben ihrer technischen Funktion - eine emotionale Beziehung zulassen. Je intensiver das gelingt, umso geringer wird die Wahrscheinlichkeit das ein Produkt einfach ersetzt oder weggeworfen wird.


Schon heute ist klar: Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen aller Branchen auf das zunehmende Ökobewusstsein ihrer KundInnen reagieren. Die Zeichen der Zeit getreu des „Quelle-Beispiels“ zu ignorieren oder sich mit einem halbherzigen PR-Ökoimage zu adeln ist keine Option. Bloß Trends bespielen ist Vergangenheit - aktiv, transparent und mit Sinnhaftigkeit müssen Marken ökologische Werte leben. Der Mut zum Wandel ist entscheidend, denn nur ein authentisches Leitbild stellt das Fundament für die Bindung zwischen Menschen und Marken.

»Nachhaltigkeit ist ein Teil unserer Lebensrealität und wird Wirtschaft und Gesellschaft fundamental verändern. Denn die Menschen haben verstanden, dass es auf dieser Welt keine unlimitierten Ressourcen gibt.«

Stephan Fetsch - KPMG-Partner & Head of Consumer Goods

Den Einfluss des gesellschaftlichen Öko-Bewusstseins in Strategie und Kerngeschäft auszublenden entpuppt sich schon gegenwärtig für viele als Wettbewerbsnachteil. Götz Erhardt von der Unternehmensberatung Accenture sagt: „Die Ergebnisse (...) zeigen, dass Verbraucher durchaus dazu bereit sind, mehr für umweltfreundliche Produkte zu zahlen. Durch ihr Konsumverhalten fordern sie ein stärkeres Umweltbewusstsein der Wirtschaft ein. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit für Unternehmen, sich nachhaltig aufzustellen und entsprechende Produkte sowie Kreislaufstoffströme zu entwickeln“.
Denn synchron tun sich durch fundierte Nachhaltigkeits-Strategien auch enorme Wirtschaftspotentiale auf. Von Innovationsmöglichkeiten, dem Erschließen neuer Geschäftsmodelle und gesteigerter Wettbewerbsfähigkeiten profitieren Unternehmen wie einhorn, Patagonia und Fairphone bereits heute.

»Nachhaltigkeit verlangt in Zukunft mehr als das Bewahren des Status quo, sondern sehr gesunden Pragmatismus und ein wesentlich besseres Gesamtverständnis des globalen Systems.«

Zukunftsinstitut GmbH

Selbst als Trend deklariert, ist das Thema Neo-Ökologie nicht neu. Und aufgrund der Probleme, sowie der jungen, aktivistisch geprägten Generation wird es auch nicht wieder stillschweigend verschwinden. Diese Verantwortung wahrzunehmen, erfordert Einsatz und ist auch für uns zur Herzenssache geworden. Mittels interdisziplinären Tech-Sprints, Zertifizierungen, Weiterbildungen, sowie dem Aneignen von neuem Wissen und Technologien möchten wir für uns und unsere AuftraggeberInnen Chancen erkennen und aufzeigen. Denn nur durch beiderseitiges Handeln kann der gemeinsame Schritt hin zu einer grüneren Zukunft glücken. Mit Mut beschreiten wir neue Wege, Erfolg ist das, was folgt.


Und damit Sie gleich tätig werden können, hier die Essenz als Take-Away:


1. Legen Sie den Fokus schon sehr frühzeitig auf Materialalternativen und Wertschöpfungsketten.

2. Achten Sie darauf, dass das Design intelligent genug ist, also von vornherein montage-, service- und recyclingfreundlich ausgelegt wird.

3. Bedenken Sie die psychologischen Signale, sowie die emotionale Aufladung Ihres Produktes und der Marke. Eine authentische Vision und Unternehmensideologie ist für die Kundenbindung und -akzeptanz entscheidend.


Sie möchten Ihre Produkte nachhaltig gestalten?

Nehmen Sie Kontakt auf und wir besprechen mögliche Schritte direkt zu Ihrem Thema.

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