Elektrowerkzeuge der Zukunft

5 Faktoren für einen erfolgreichen Innovationsprozess.

Meeting Innovation Productdesign

Einige Monate liegt es zwischenzeitlich zurück, als ich die Anfrage für ein Kooperationsprojekt von einem süddeutschen Hersteller im Rahmen meiner Dozententätigkeit an der HfG Schwäbisch Gmünd erhielt. 

Im Bereich Elektrowerkzeuge sollten Zukunftsstudien entstehen, die das Innovationspotential der Produkte und neue Nutzerszenarien darstellen.

Meine Aufgabe bestand grundlegend in der Strukturierung des Prozesses über mehrere Montate und der Anleitung eines 14 köpfigen Studententeams der Hochschule. Dies geschah im Rahmen von wöchentlichen Seminaren, Präsentationen und Projektmeetings, die meinerseits durch professionelles Feedback und Projektmanagement unterstützt wurden. Um einen fundierten Innventionsprozess mit „WOW-Effekt“ zu ermöglichen, benötigt man zum einen ein hochmotiviertes Team, aber auch Strukturen und Fokuszonen. Hier nun ein kleiner Einblick in das Grundgerüst unserer Innovationsprozesse anhand von 5 beispielhaften Grundlagen.

1. Technik, Markt und Innovationsführer

Bevor man nun blind dem gleißenden Blitzlicht der Zukunftsprognose entgegen springt, ist die Erdung mit Hilfe der Gegenwart von Nöten. Wie funktioniert ein Winkelschleifer? Und was steckt im Inneren eines Akku-Bohrschraubers? Welche Wettbewerber gibt es auf dem Markt? Welche davon sind besonders stark und welche äußerst innovativ?

Der Status Quo muss durchdrungen und verstanden werden, um abschätzen zu können in welche Richtung sich der Markt kurzfristig entwickelt und was daraus vielleicht auch langfristig abgeleitet werden kann.
 So wurden Wettbewerber der Power-Tools Branche unter die Lupe genommen, im Kurs thematisiert und sogar in andere Bereiche gespäht um ggf. einen Übertrag technologischer Entwicklungen abschätzbar zu machen.

Darüber hinaus wurden diverse Geräte getestet, untersucht und zerlegt. So konnte der technische Aufbau und Platzverhältnisse geprüft und Funktionsweisen verstanden werden. Weiterführende Fragestellungen über Entwicklungen von Akkutechnologien und Motoren bekamen ein Fundament.

2. Megatrends

Einen glaubhaften Blick in die Zukunft zu ermöglichen ist - wie Sie sich vorstellen können - nicht ganz einfach. Schon gar nicht, wenn es sich um das Jahr 2032 handelt und technologische und gesellschaftliche Entwicklungen nur spekulativ sein können. Doch genau hier sind wir schon bei einem weiteren bedeutenden Projekt-Baustein. Den Megatrends.



Megatrends beziehen sich auf bereits existente Einflussfaktoren aus Bereichen wie Gesellschaft, Kultur, Technologie, Wissenschaft und Politik. Diese Strömungen sind oftmals Ursache für einen Wandel von gesellschaftlichen und ethischen Vorstellungen. Sie markieren Veränderungen, wirken auf nahezu allen Ebenen der Gesellschaft und prägen diese oftmals über Jahrzehnte hinweg. In Anbetracht einer Zukunftsstudie muss hier natürlich ordentlich recherchiert und auch ausgesiebt werden. So sind nicht alle Megatrends für das Thema relevant, sicherlich kann es aber zukünftig bei manchen zu Querverweisen und potentiellen Kreuzungen kommen.

Im konkreten Fall waren die etwas abstrakt klingenden Strömungen Human 2.0, Data Era, Ease Unlimited, Shy Tech, Outernet, Ecolution und Shy Tech bedeutende Diskussionsgrundlage und wertvolle Basis. Die Entwicklungen und damit zusammenhängenden Microtrends wurden referiert und nachvollziehbar veranschaulicht. So konnte ein breiter Pool an Anwendungsfelder, Einsatz-Szenarien und Produktideen generiert werden.

3. Material-, Technologie- und Verfahrensentwicklungen

Neben der Abschätzung zukünftiger sozio-kultureller Trends sind natürlich auch die Entwicklungen im Bereich Technologie und Material von Bedeutung. Auch hier lohnt sich ein ausführlicher Blick hinter die jeweiligen Kulissen.
Welche Technologien bringen uns wirklich weiter? Welche Chancen ergeben sich durch intelligente Materialien? 
Und wie entwickeln sich bereits bekannte Technologien weiter? 
Ob selbstheilende Polymere, die kleinere Oberflächenbeschädigungen selbstständig wieder reparieren oder die Supraleitertechnologie, die nahezu widerstandsfreien Stromfluss und gespeicherte Magnetfelder mit fixem Abstand ermöglicht - die Potentiale sind gigantisch.



Doch wie kommt man an diese Informationen? Und wie gelingt die Verknüpfung zu den spezifischen Anwendungsbereichen?
 Der Schlüssel bildet sich aus Neugier und Offenheit. In einer mehrwöchigen Recherchephase hat sich das Studententeam Wissen aus komplexen Forschungsfeldern angeeignet, hat Datenbanken durchforstet, Materialbibliotheken, Messen und Firmen besucht. Experten wurden ausfindig gemacht, Interviews geführt und Zukunftsvisionen generiert.

4. Faktor Emotion (Mensch, Produkt und Marke)

Wenn wir von Innovation und technologischen Entwicklungen sprechen, darf vor allem der Verwender und damit auch die Emotion nicht aus dem Fokus rücken. Denn der futuristischste Gedanke nützt nichts, wenn der Nutzer davor zurück schreckt, weil das Produkt ungewollte Assoziationen hervorruft, den gewohnten Markencharakter nicht transportiert oder gar das eigentliche Problem nicht löst. Welche Erwartungen haben Facharbeiter und Handwerker an ihre Werkzeuge? Wo entwickeln sich die zukünftigen Bedürfnisse hin? Inwieweit spielt das Wertesystem der Marke eine Rolle? Und wo sind die wahren Probleme in der Verwendung der Produkte?



Mit strategischem Tiefgang und viel Einsatz wurden auch in diesen Bereichen weiterführende Erkenntnisse gewonnen. 
Über Beobachtungen, Selbstversuche und Befragungen konnten die Bedürfnisse, Anforderungen und Ängste der Zielgruppe greifbarer gemacht werden. Einige der Studierenden waren dabei direkt auf Baustellen und in Montagehallen vor Ort.


Auch die Felder Marke und Produktcharakter kamen nicht zu kurz. Die digitale Präsenz der Marke wurde ausgewertet und zukünftige Entwicklungs-Potentiale abgeleitet. Mit Hilfe des Emotion Grids konnten diese Faktoren direkt sichtbar und diskutierbar gemacht werden. Der Markencharakter und die zu gewünschten Produktassoziationen wurden mit dem Werte-Setting der Zielgruppe abgeglichen. Ein unverzichtbarer Schritt für die Ableitung der gestalterischen Mission.

5. Designtrends

Wie sehen die Elektrowerkzeuge der Zukunft dann eigentlich aus? Was sind aufkeimende Form und Farbtrends der Branche? Und welche Formensprache setzen wir mit Produkten aus der Zukunft gleich? Auch hier gibt es einige Faktoren zu berücksichtigen. 

Zu diesen Fragestellungen wurde eine breite Sammlung an Moodboards und Designstilen erstellt, Science Fiction Filme und Concept Car Studien analysiert. Die Ergebnisse wurden ausgewertet und belastbare Schlüsse gezogen, um eine Zuordnung zum emotionalen Werte-Setting aus Punkt 4 zu ermöglichen. Somit konnten gestalterische Richtungen für den anknüpfenden Designprozess abgeleitet und den entwickelten Visionen eine authentische Gestalt verliehen werden.

Eine Zeitreise mit Potential

Diese 5 Faktoren geben eine grobe Vorstellung in das weite Feld unseres Innovationsprozesses.
 Neben diesen Bereichen fallen natürlich auch Themen wie Cross-Sector-Thinking, Design Thinking und Ergonomie stark ins Gewicht. Die Fähigkeit diese daraus gewonnenen Erkenntnisse clever zu verknüpfen, sowie gestalterisches Talent darf für überzeugende Konzepte letzten Endes auch nicht fehlen.



In den hinter uns liegenden 18 Wochen haben die Studierenden einen sehr intensiven Weg, voll Ungewissheit und ungeahnter Herausforderungen zurück gelegt. Neugier, Struktur und gestalterisches Know How, haben allerdings Visionen ermöglicht, die dem Kooperationspartner eine wegweisende und mit Stolz zur Schau gestellte Zukunftsstudie bescherte. 
Auf der Zielgeraden wurden 9 erstklassige Design Konzepte vom Studententeam als Designmodelle ausgearbeitet. Atemberaubende Visualisierungen, Animationen und daumendicke Prozessdokumentationen stellten dabei das nötige Fundament. Alle Teams können mehr als stolz auf ihre Leistungen sein!

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